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Beitrag vom 11.01.2019
Kunstfund Gurlitt. Bundesregierung informiert: Weiteres Gemälde restituiert
AVIVA-Redaktion
Kulturstaatsministerin Monika Grütters hat 8. Januar 2019 in Berlin das "Porträt einer sitzenden jungen Frau" des französischen Malers Thomas Couture an die Familie des ursprünglichen Eigentümers Georges Mandel zurückgegeben. Dabei handelt es sich um den fünften Restitutionsfall aus dem Kunstfund Gurlitt.
Ein winziges, repariertes Loch in der Leinwand brachte den entscheidenden Hinweis zur Herkunft des Gemäldes, ein kleiner Einriss auf Höhe der Brust der "jungen Frau". Genau so hatte es Mandels Lebensgefährtin, Béatrice Bretty, auch zu Protokoll gegeben, als sie das Gemälde gleich nach Kriegsende als vermisst gemeldet hatte - zum Glück, denn oft sind es kleinste Details oder auch große Zufälle, die darüber entscheiden, ob sich die Provenienz eines Werkes zweifelsfrei klären lässt.
In diesem wie in weiteren vier Fällen aus dem Kunstfund Gurlitt ist es nach akribischer Forschung gelungen, den ursprünglichen Eigentümer des "NS-verfolgungsbedingt entzogenen" Couture-Gemäldes, Georges Mandel, zu ermitteln. Dessen Nachfahren übergab Kulturstaatsministerin Grütters am 8. Januar 2019 im Martin-Gropius-Bau in Berlin das Werk. Dort war es in einer Ausstellung zum Kunstfund Gurlitt zu sehen.
Der spektakuläre Kunstfund Gurlitt hatte 2012 für weltweites Aufsehen gesorgt: 1.500 Werke wurden aus dem Besitz von Cornelius Gurlitt, dem Sohn des Kunsthändlers Hildebrand Gurlitt, als mögliche Raubkunst beschlagnahmt. Darunter befanden sich Gemälde, Zeichnungen und Drucke weltbekannter Künstler wie Picasso, Chagall und Matisse. Nach dem Tod Gurlitts übernahm das von ihm als Erbe eingesetzte Kunstmuseum Bern die Sammlung. Dieses hatte 2014 eine Vereinbarung mit der Bundesregierung und dem Freistaat Bayern getroffen, welche die Provenienzklärung der Werke sowie eine umfangreiche Zusammenarbeit vorsieht.
Bewegender Schlusspunkt für die Gurlitt-Ausstellungen
Für Kulturstaatsministerin Grütters setzt diese Rückgabe "einen bewegenden Schlusspunkt unter die Ausstellungen zum Kunstfund Gurlitt." Grütters dankte der Familie Georges Mandels, "dass dieses Werk an allen drei Ausstellungsstandorten in Bonn, Bern und Berlin gezeigt werden konnte." Damit sei es möglich geworden, das Schicksal des jüdischen Politikers Georges Mandel einer breiten Öffentlichkeit bekannt zu machen.
In der Doppelausstellung "Bestandsaufnahme Gurlitt" hatten die Bundeskunsthalle Bonn und das Kunstmuseum Bern jeweils vier Monate lang ausgewählte Werke aus dem Kunstfund gezeigt. Dritte Station der Werkschau war der Martin-Gropius-Bau in Berlin. Dort wurden bis zum 7. Januar 2019 rund 200 Objekte aus dem Nachlass Gurlitt präsentiert.
Der jüdische Politiker und Nazi-Gegner George Mandel war als sogenannter "Ehrenhäftling" in deutschen Lagern festgehalten und 1944 bei Fontainebleau von der französischen Miliz ermordet worden. Den Kontakt zu Mandels Nachfahren hatte die französische Kommission für die Entschädigung der Opfer von Enteignungen aufgrund der antisemitischen Gesetzgebung während der Okkupationszeit (CIVS) hergestellt.
Aufarbeitung des NS-Kunstraubs geht weiter
Mit Blick auf die Schwierigkeiten der Provenienzforschung betonte die Staatsministerin: "Auch dieser Fall mahnt uns, in der rückhaltlosen Aufarbeitung des NS-Kunstraubs, für die Deutschland Verantwortung trägt, nie nachzulassen."
Hierzu hat die Staatsministerin die Mittel für die Provenienzforschung in Deutschland in den vergangenen Jahren bereits deutlich erhöht. Im Jahr 2019 stehen dafür 7,5 Millionen Euro aus ihrem Etat bereit. Zentraler Ansprechpartner ist das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste in Magdeburg, das die Staatsministerin in Folge des Kunstfunds Gurlitt Ende 2014 initiiert hatte.
Weiterführende Links zum Thema
Stabsstelle NS-Raub- und Beutegut: www.fu-berlin.de
Datenbank Looted Cultural Assets: lootedculturalassets.de
The Central Registry of Information on Looted Cultural Property 1933–1945: www.lootedart.com
Deutsches Zentrum Kulturgutverluste: www.kulturgutverluste.de
Die Stiftung ZURÜCKGEBEN - Stiftung zur Förderung jüdischer Frauen in Kunst und Wissenschaft gibt Menschen die Möglichkeit, Raubgut, auch Alltagsgegenstände, Literatur etc., symbolisch zurückzugeben: www.stiftung-zurueckgeben.de
Rose Valland Institut Call for Papers Verwaistes Eigentum in Europa: rosevallandinstitut.org
Weiterlesen auf AVIVA-Berlin:
Bestandsaufnahme Gurlitt. Ein Kunsthändler im Nationalsozialismus - Eine Ausstellung im Gropius Bau vom 14.09.2018 - 07.01.2019
Im Gropius Bau werden erstmalig die beiden Themenkomplexe "Entartete" Kunst und NS-Raubkunst in Bezug auf die Handelstätigkeiten des NS-Kunsthändlers Hildebrandt Gurlitt zusammengeführt. Im Fokus stehen die Biographien der Bilder und die damit untrennbar verbundenen Geschichten von Repression, Verfolgung und Mord. (2018)
Restitution nach 80 Jahren. Von den Nationalsozialisten geraubtes Buch heutigem Eigentümer übergeben
Das Buch "Mein Deutschland", das von dem jüdischen Arzt Benno Latz geschrieben und in limitierter Auflage gedruckt worden war, konnte durch einen Zeitungsartikel dem britischen Künstler Geoff Latz, dem Enkel des Mediziners, zugeordnet werden. Infos zur Provenienzforschung und der Arbeit der Stabsstelle NS-Raub- und Beutegut der FU Berlin sowie Möglichkeiten, Raubgut aufzuspüren und symbolisch zurückzugeben, hier auf AVIVA-Berlin (2018)
Rose Valland Institut: Open Call - Unrechtmäßige Besitzverhältnisse in Deutschland
Das Rose Valland Institut ist ein künstlerisches Projekt von Maria Eichhorn im Rahmen der documenta 14. Mit dem Call for Papers "Verwaistes Eigentum in Europa" trat das Institut im März 2017 erstmals an die Öffentlichkeit. Diese wird dazu aufgerufen, sich über NS-Raubgut im ererbten Besitz bewusst zu werden, zu recherchieren und Informationen dem Rose Valland Institut zu übermitteln. (2017)
Provenienzforschung und NS-Raubkunst: Tempeltanz der Seele von Fidus bleibt in der Berlinischen Galerie
Einst hing der fünfteilige Gemälde-Zyklus im Musikzimmer der jüdischen Familie Neuhäuser am Bayerischen Platz. Mehr Informationen zum Hintergrund sowie weitere Aktivitäten der Provenienzforschung an der Berlinischen Galerie und der Unterstützer, wie der Ferdinand-Möller-Stiftung und der Senatsverwaltung für Kultur und Europa, auf AVIVA-Berlin (2017)
Elisabeth Sandmann - Der gestohlene Klimt. Wie sich Maria Altmann die Goldene Adele zurückholte
Das Leben der Maria Altmann und ihre Beziehung zu dem von den Nazis geraubten Klimt-Gemälde "Goldene Adele" dokumentierte die Verlegerin Elisabeth Sandmann in akribischer Recherchearbeit. (2015)
Die Frau in Gold. Kinostart 4. Juni 2015. Das Buch zum Film von Elisabeth Sandmann - Der gestohlene Klimt
Das Leben der Maria Altmann und ihre Beziehung zu dem von den Nazis geraubten Klimt-Gemälde "Goldene Adele" inspirierte Regisseur Simon Curtis zu einem fesselnden Bio-Pic. Helen Mirren verkörpert die aus Österreich in die USA geflüchtete faszinierende Protagonistin. (2015)
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Stefan Koldehoff - "Die Bilder sind unter uns. Das Geschäft mit der NS-Raubkunst und der Fall Gurlitt"
Der Kulturredakteur und Autor hat sein 2009 bei Eichborn erschienenes Buch aktualisiert, um das Kapitel "Gerettet oder gestohlen? Der Fall Gurlitt" erweitert und ein Schlusskapitel "Perspektiven für eine neue deutsche Raubkunstpolitik 2014" angefügt. (2014)
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Hanns Christian Löhr - Der eiserne Sammler. Die Kollektion Hermann Göring
Im Rahmen der aktuellen Debatte über Raubkunst widmet sich das Buch "Der eiserne Sammler" einem Menschen, der maßgeblich an den Raubzügen im "Dritten Reich" verantwortlich war: Hermann Göring. (2009)
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Quelle: Presse- und Informationsamt der Bundesregierung, 08.01.2019